Auf der Suche nach dem Transformationsprozess, ein Messebericht von der Hannover Messe 2019

Photo: A. Pianka

Von der Hannover Messe bin ich immer wieder beeindruckt, allein von dem Potential, das in mehr als 6,5 Mio. Geschäftskontakten liegt (link). Bei meinem Besuch habe ich allerdings nicht gefunden, dass es eine einigermaßen geordnete Definition für das Versprechen „Die Transformation der Industrie erlebbar machen“ gab. Allein den Einsatz von KI, 5G, Leichtbau und die Zukunft der Arbeit in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung als wesentliche Größen des Transformationsprozesses zu sehen, greift nicht nur zu kurz, sondern lässt  sowohl die Richtung des Prozesses als auch die Art und Weise der Transformation im Nebel. Die Transformation, die sicht- und erlebbar war, heißt Effizienz, Wachstum, Wirtschaftlichkeit und Bioökonomie. Einige wenige Ausnahmen habe ich gefunden, bei denen Produktentwicklung und Geschäftsmodell auf den Konzepten der Öko-Effektivität und der Kreislaufwirtschaft basieren. Nimmt man dann noch den Anspruch der Bundesregierung ernst, „eine verantwortungsvolle und gemeinwohlorientierte Entwicklung und Nutzung von KI sicherzustellen“ (link), müsste eigentlich der Gemeinwohlgedanke auf jedem Stand präsent sein; leider war das nicht der Fall. Immerhin ließen sich vereinzelt die SDGs (link) diskutieren, Ansätze für die konkrete Umsetzung waren erfreulicherweise Thema auf den Ständen der Universitäten, Hochschulen und Instituten.

Beim Rundgang und bei den Diskussionen auf den besuchten Ständen habe ich mich zunehmend gefragt, ob mein Anspruch zu hoch gegriffen ist (bei dem Potential dieser Messe), mir eine andere Wirklichkeit vorzustellen und wie es möglich sein könnte, das Experiment zu beenden, mit dem herausgefunden werden soll, ob man auf einer endlichen Welt unendlich expandieren kann? (link) Es sollte doch möglich sein, auf der Hannover Messe Ansätze für eine Transformation in eine nachhaltige, öko-effiziente Kreislaufwirtschaft zu finden? Oder geht es einfach nur darum, wer den größten Einfluss hat, am lautesten in den Medien ist, die beste Optimierung seines digitalen Auftritts hat?

Mit dieser Fragestellung traf ich auf den Stand der ABAKUS Internet Marketing GmbH (link). Und beim Webseiten-Check war sofort klar, meine Webseite ist nicht optimiert, mein Ranking ist nicht nennenswert und ich bin somit im Netz praktisch nicht sichtbar. Welchen Sinn aber hat dann eine Webseite?

Praktische und für meine Fragestellung interessante Ansätze habe ich bei den folgenden Ausstellern gefunden (eine kleine Auswahl):

EXXENTIS, poröses Aluminium: Offenporiger Schaum mit definierten Porengrößen mit einem breiten Anwendungsspektrum (z.B. Filtration, Dämpfung, Leichtbau). Eine Technologie, die auch für andere Metalle anwendbar scheint.

PROFIBUS Nutzerorganisation e.V.: Die Industrielle Kommunikation ist ein Treiber der Digitalisierung in der Industrie. Protokolle wie PROFIBUS oder PROFINET ermöglichten eine effiziente Modularisierung von Anlagen. Durch Industrie 4.0 kommen neue Anforderungen und die Kommunikationssysteme müssen weiterentwickelt werden. An konkreten Use Cases wurde gezeigt, wie PROFINET im Zusammenspiel mit OPC UA and eCl@ss Teilmodelle der Verwaltungsschale umsetzen kann.

Hochschule Hannover, Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe: Forschungsschwerpunkte sind die Entwicklung, Verarbeitung und industrielle Nutzung von Biokunststoffen und Bioverbundwerkstoffen. Sowohl bei thermoplastischen als auch duroplastischen biobasierten Verbundwerkstoffen wird u. a. an Materialentwicklungen sowie der Adaption der Werkstoffe an die bestehenden Verarbeitungsprozesse geforscht. Weiterer Schwerpunkt: Charakterisierung der am Markt verfügbaren Biowerkstoffe, Erfassung des Biokunststoffmarktes und Entwicklung frei zugänglicher Datenbanken (flyer).

Nager IT e.V.: Nager IT e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Arbeitsbedingungen in der Elektronikindustrie zu verbessern. Mit der Produktion der fairen Computermaus möchte er den Grundstein legen für eine alternative, nämlich menschenwürdige und nachhaltige Produktionsweise von Computer, Handys, Mäusen und Co. Ein ambitioniertes und richtungsweisendes Projekt mit einem Bildungsangebot, um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der globalen Produktionskette der Elektronikindustrie zu steigern (workshops).

Salzgitter AG: Seit 1858 steht der Salzgitter-Konzern für innovative und nachhaltige Erzeugung von Stahl und Technologieprodukten. Projekte wie „Wind H2 – Initiative zur regenerativen H2-Erzeugung für die CO2-arme Stahlerzeugung“ und „SALCOS® – Salzgitter Initiative zur CO2-Reduzierung bei der Stahlherstellung der Zukunft“ sind Leuchttürme auf dem Weg zur nachhaltigen Stahlherstellung mit Sonne.

Universität Kiel: Spannende, zukunftsweisende Projekte, z.B. „biotechnologisches Screening von Mikroalgen“ (link).

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe FNR: Eine der Möglichkeiten, die Sonne nachhaltig und nicht nur effizient, sondern auch effektiv zu nutzen. Vermisst habe ich die Möglichkeit, mit der HTC-Technologie nicht nur den Boden zu verbessern, sondern eine Kohlenstoffsenke zu schaffen. Ein Ergebnis aus nachwachsenden Rohstoffen, das als ausgestelltes Demonstrationsobjekt zu besichtigen war, verwies „mit Bioverbundwerkstoffen in die automobile Zukunft, erprobt im schnellsten Testlabor der Welt“ (flyer). Gebrauchen wir das wirklich für die Transformation?

BonaRes-Zentrum für Bodenforschung: „Die Fruchtbarkeit unserer Böden ist das entscheidende  Fundament  für  eine  nachhaltige  Pflanzenproduktion und damit die Grundlage vieler bioökonomischer Wertschöpfungsketten. Im Sinne der Nachhaltigkeit müssen Böden nicht nur marktfähige Erträge hervorbringen, sondern darüber hinaus auch vielfältige Ökosystemleistungen gewährleisten. Dazu gehören die Speicherung von Wasser und Kohlenstoff , die Filterwirkung für sauberes Grundwasser sowie die Aufrechthaltung der Nährstoffkreisläufe und der biologischen Vielfalt.“ Gut ist die Vielfalt der Projekte und Förderprogramme (link), die Industrialisierung und Vermarktung dieser Lebensgrundlage geht dabei allerdings massiv voran. Vermisst habe ich (ebenso bei FNR) die Möglichkeit, mit der HTC-Technologie nicht nur den Boden zu verbessern, sondern eine Kohlenstoffsenke zu schaffen; dabei wird sie bereits praktisch eingesetzt (z.B. link).  

Es bleibt die Frage: schaffen wir eine Transformation oder sind die Strukturen (auch einer KI) so übermächtig, dass wir einfach weiter so den Klimawandel anheizen? Wenn weitere Firmen auf dem Weg der Transformation zu einer nachhaltigen, öko-effektiven Entwicklung sind, würde ich mich über eine kurze Info freuen.

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